Erkenntnis

Gestern spazierte ich im Regen in der Mittagspause in Wiesbaden herum und auf einmal schaute mich jemand an, den ich zu kennen schien, bis ich merkte, der im Spiegel neben dem Schaufenster war ich selbst. Es war ein Moment des großen Erstaunens. Ich sah mich daraufhin genauer an, ob ich vielleicht anders aussähe als sonst. Aber natürlich nicht. Was spielte mein Gehirn mir da für einen Streich, wenn auch nur für einige Sekunden? Ich habe mich selbst nicht erkannt.


Früher, als meine Tochter noch klein war, suchte ich mit ihr an einer bestimmten Stelle unseres damaligen Wohnorts nach Millionen Jahren alten Haufischzähnen. Anfangs hatten wir Schwierigkeiten sie im Sand zu erkennen; mit der Zeit wurden wir jedoch richtige Spezialisten. Einem Freund von mir erzählte ich von unserer Fundstelle und er wünschte sich auch einmal mitkommen zu können. Er staunte über meine Tochter, als sie sich flink neben ihm bückte und einen Haifischzahn nach dem anderen aus dem Sand klaubte. Ich vermute, er zweifelte damals etwas an seiner Sehfähigkeit, als er die guten Augen meiner Tochter lobte. Wenn ich erkenne, was ich kenne, dann lässt sich daraus schließen, dass ich auch das schon bereits kannte, was mir als neue Erkenntnis erscheint: alles ist bereits schon in dir vorhanden.


Ich glaube, ich bin ein sehr politischer Mensch (was ist das?), doch schaue ich mir schon lange keine Nachrichten mehr an. Es ist so, wie ich gestern schreib: ich bin an dem interessiert, was die Nachrichten nicht berichten. Ich bin mir sicher, dass sie das, was ich für wichtig fände in die Welt zu schallen nicht senden werden. Manchmal finde ich davon etwas in Dokumentationen, speziellen Magazinen zu den ungünstigsten Uhrzeiten.


Ich stelle mir vor, der Nachrichtensprecher erzählte von den neusten Versuchen (mittlerweile sind sie nicht mehr neu), eine Schneeflocke zu schmelzen, um sie dann wieder einzufrieren, und dass die Wissenschaftler daraufhin die gleiche Kristallform erhalten hätten, wie vor dem Schmelzvorgang. Und die Wissenschaft hätte noch nicht erkennen können nach welchem Prinzip sich die Wassermoleküle „erinnerten“, um die gleiche Kristallform wieder annehmen zu können.


Oder: dass es einem Mann in Irgendwo gelungen wäre, trotz durchtrennter Wirbelsäule, wieder laufen zu können, was es eigentlich nicht geben könnte, der Mann aber liefe mit einem Stock durchs Land und die Wissenschaft stünde vor einem Rätsel (oder Geheimnis: siehe Beitrag gestern) , da über solche Erscheinungen gegenwärtig keine Erkenntnisse vorlägen.


Meine Frau erzählte mir von einem Bauern, der in 1500m Meter Höhe in der Nähe von Salzburg wohnt. Er hat erstaunliche Erfolge im Anbau und in den Erträgen seiner Früchte. Eigentlich ist es etwas, was es gar nicht geben kann. Er sammelt von den Baumschulen die Bäume, die aussortiert werden und pflanzt sie auf seinem Grundstück ein. Sein Prinzip scheint zu sein, dass der Pflanzplatz wichtig ist und die Zusammenstellung der Gesellschaft der Pflanzen. Dazu gibt er an, mit ihnen zu kommunizieren und behauptet, diese Pflanzen brauche er nie zu gießen. Die Studie darüber kommt zu keiner schlüssigen Erklärung, bietet aber Erklärungsmodelle. Der Bauer war prominenter Teilnehmer der BUKO in München letzten Jahres. In den Nachrichten habe ich noch nie etwas von ihm gehört.


Interessiert sie das??? Ach, Sie haben auch schon davon gehört. Es scheinen da noch andere Nachrichtenquellen zu existieren, als nur die „20.00 Uhr-Nachrichten“.


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Ich faste immer noch; meinem Magen scheint es gut zu gehen und mir auch. In den Arbeitspausen schaue ich in mein neu erworbnes Buch von Lassalle „ZEN Meditation“ hinein. Was ich dort finde ist nicht neu für mich und gibt mir keine großen Erkenntnisse, doch hilft es mir beim „mich sammeln“.


Welch große Erkenntnisse habe ich eigentlich in den 52 Jahren meines Lebens gewonnen? (Langes Nachdenken an der Tastatur – einige Erkenntnisse fallen mir ein – doch sind das große Erkenntnisse?) Mir reichen eigentlich auch die vielen kleinen Erkenntnisse aus:


- Meine Eltern haben es mit ihrer Strenge gut mit mir gemeint (eine noch rechtzeitige Erkenntnis)

- Im Radio sitzen keine kleinen Männchen die Musikinstrumente spielen (eine sehr frühe Erkenntnis)

- Ich habe meine frühere Frau damals wirklich nicht verstanden - heute kann ich das sehen (endlich

verstanden!)

- Die großen, berühmten Persönlichkeiten sind normale, begrenzte Menschen wie ich selbst

(die Erkenntnis hat irgendwann Mitte 30 angefangen)

- Dankbarkeit gibt mir Zufriedenheit im Leben und ist so etwas wie eine Grundlage für ein reiches

Leben (diese Erkenntnis tauchte in den letzten 10 Jahren auf)


Ich habe einige weggelassen, einmal um Sie nicht zu langweilen, andererseits gibt es dabei auch einige sehr intime Erkenntnisse.


Die Frage, die mir bei diesen Gedanken kommt ist, welche Erkenntnis hat mich bisher am weitesten gefördert (oder gefordert) in meiner Entwicklung?

Und wenn ich in die Zukunft schaue: welche Erkenntnis fehlt mir noch, um noch zufriedener mit meinem Leben sein zu können, noch mehr damit im Einklang sein zu können? Diese Zukunftsfrage will ich gern meiner Frau und meinen Freunden stellen Ich bin gespannt, was diese dazu meinen. Ich wähle mir dabei natürlich nur die möglichen Ideen aus, die ich möchte...


Morgen habe ich vielleicht schon die ersten Antworten.