Elite(n)

Der Begriff der Elite, oder besser noch im Plural: der Eliten, schien ja lange aus dem allgemeinen Wortschatz verschwunden. In den letzten Jahren erfährt er eine ambivalente Renaissance (und damit meine ich nicht, dass er zur Benamsung von Joghurt verwendet wird).


Ich selbst habe ihn im meiner Kindheit und Jugend und auch die meiste Zeit meiner Erwachsenenzeit kaum mal gehört. Die Idee der Elite war in Deutschland einfach ziemlich aus der Mode gekommen. Erst als ich eine Professur an einer Privatuniversität antrat, hörte ich das Wort ziemlich oft - und zwar nicht von den Vertretern der Uni, sondern von den Sponsoren, die sie finanzierten: Man wollte eine Elite-Universität mit Elite-Studenten zwecks Förderung des Elite-Nachwuchses, zu der man sich selbst offenbar rechnete, unterstützen (so der Tenor vieler Festreden). Als - selbstverständlich zur Elite gehörende - Professoren haben wir (ich zumindest) nicht widersprochen, auch wenn das nicht unbedingt unserer (zumindest meiner) Selbstbeschreibung entsprach (wie sollte es auch, denn ich verfügte ja über gar keinen eigenen Elite-Begriff).


Jetzt aber, seit der Populismus seine Triumphe erlebt - und beispielhaft bei der Diskussion über die Ursachen des Brexit-Votums - hört oder liest man in fast allen Kommentaren, inländischen wie ausländischen, die Eliten (im Plural) hätten versagt, es sei ein Denkzettel für die Eliten usw.


Elite ist offenbar zum Kampfbegriff geworden, der für "die Herrschenden", den "Mainstream", "die da oben", "die Gewinner der Globalisierung"  usw. zu stehen scheint. Es sind auf jeden Fall die, die zu recht - so scheint der Konsens - gehauen werden müssen. Dem "Pack" (Singular) auf der einen Seite werden die "Eliten" (Plural) entgegen gestellt. (Der Plural signalisiert zumindest für die Bereitschaft zu einer gewissen Differenzierung, scheint mir.)


Trotz dieser Popularität halte ich die Verwendung dieses altertümlichen, wie ich finde, aus der Zeit gefallenen Begriffs für ein regressives Phänomen. So wie "das Volk" als Überlebenseinheit neu entdeckt wird, werden auch "die Eliten" neu entdeckt. Finde ich, ehrlich gesagt, ziemlich komisch - beides. Erinnert an die Zeit einer stratifizierten Gesellschaftsordung, in der Adlige sich im Morgengrauen duellierten und "der Pöbel" darbte oder gar revolutionierte.


Zwei Überlegungen dazu: 1) Einerseits: Die Tatsache, dass man einen Namen verwendet, bedeutet nicht, dass irgendetwas existiert, das so benannt wird... (2) Andererseits: Vielleicht verführt ja die Tatsache, dass immer mehr rumgepöbelt wird (der Aufstieg von AfD, FPÖ, UKiP etc., zum Beispiel) dazu, den Gegenbegriff auch wieder ins Spiel zu bringen...