Einheit und System: zum Beispiel heute

Ich freue mich, in dieser Woche „dran“ zu sein und bedanke mich beim Verleger für die Einladung und bei den Mitarbeitern für Ihr Engagement! Herr Müller, der Verlagsleiter, war so freundlich, mir aus seinem Urlaub heraus eine „ereignisreiche“ Woche zu wünschen –und ich wünsche ihm von hier aus eine gute Zeit! Ich reihe mich schon jetzt gerne in die Schar der Kolleginnen und Kollegen ein, die bereits gekehrt haben und danke auch ihnen. Dank auch denjenigen, welche diese Kehrwochen lesen und kommentieren oder dies bereits haben oder noch tun werden!


In einem Bild kommt es mir vor wie im Theater: nach Beendigung der Aufführung stellen sich alle Beteiligten in eine Reihe. Sie bedanken sich bei denen, welche zum Gelingen beigetragen haben und bei denen, die Anteil an dem Ereignis nahmen, das sich während und durch diese Aufführung ereignete – auch durch ihr Dasein und Zutun. In der Praxis der Organisations-Beratung und -Analyse geht es ja oft darum, erst einmal zu verstehen, was ein System denn eigentlich „ist“, um zu verstehen, wie es „wirkt“, wozu es so wirkt (wie es wirkt) und was es eigentlich bewirken will oder kann. Und eine Einrichtung wie die systemischen Kehrwochen bei Carl-Auer sind glücklicherweise zunächst einmal unverdächtig, sofort als „System“ - im Sinne einer geschlossenen Einheit - verstanden werden zu können. Es ist hier einsichtig: es sind Einheiten innerhalb von Einheiten und diese wiederum innerhalb eines größeren, sie umgebenden, „Systems“. Letzteres besteht ja aus den verschiedensten Austauschbeziehungen, von denen wir die meisten Kontexte im Alltag ja außer Acht lassen (wie immer man diese Vernachlässigung oder Unterlassung begründen oder rationalisieren mag)…


Mich beschäftigt seit einiger Zeit sehr das Verhältnis von Einheit(en) und System, vor allem ein vertieftes Verständnis der Transformation dieser Austauschbeziehungen. Ich stelle mir dabei vor, ich stehe in einem Feld – in den verschiedenen Rollen: als Mann, als Vater, als Selbständiger, als Berater, als Lernender, als Freund, als Malender, als Autor, etc. - und fühle mich eingebunden in diese zum Teil sehr verschiedenen Kontexte. Dabei kann ich energetisch (zum Beispiel in den Körperwahrnehmungen während einer solchen Imagination) sowohl Netzwerkbeziehungen als auch Phänomene, wie das Verhältnis zwischen Zentrum und Rand, wahrnehmen. Ich will diese Woche über geschenkte Ereignisse berichten, die mich auf wichtige Kontexte aufmerksam machen, und über ihre Austauschbeziehungen reflektieren.


Zum Beispiel heute: vormittags beginnt meine Tochter Marietta einen neuen Lebensabschnitt mit ihrem Eintritt ins Gymnasium und mittags fahre ich spontan mit Armin Turk, einem befreundeten und von mir verehrten Maler, in einen Kunstbedarfgroßhandel. Was beide Erlebnisse gemeinsam haben: die Verbindung von Lernenden und Lehrenden. Ich erinnere mich an meine Schulerfahrungen, mein Verhältnis als Schüler zu Lehrenden und freue mich angesichts der Freude meiner Tochter auf das Neue mit ihr. Andererseits bin ich bin gerne mal Lehrender gewesen – und fühle mich immer wieder in Weiterbildungen auch so und freue mich dann, wenn den (ehemaligen) Teilnehmern das „gärtnern“ immer mehr gelingt. Und von Armin bekomme ich während der Fahrt und dem Einkauf einen Strauss von liebenswerten Geschichten, von Begegnungen mit geschätzten Malern aber auch einigen Einblick in sein Wissen um Farbe, ihre (Licht-) Wirkungen und Materialien. Zum Beispiel weiß ich durch ihn seit heute, welche Ölfarbe Salvador Dali ausschließlich verwendet hat, und welche besondere Eigenschaft dieser Farbe ihm ansatzlose Farbflächen erlaubte. („Du musst Dir mal den Himmel angucken: da gibt es keine sichtbaren Übergänge von Farben!“) Momente tiefer Dankbarkeit in mir für diese Begegnung – auch mit einem solchen Meister – bei dem es (anders als bei den Lehrern meiner Gymnasialzeit) leicht fällt, ein Lernender zu sein. Zurück in den Atelierräumen sieht er meine „Häutungen“ der letzten 8 Wochen, die dort in einer Reihe stehen. Seine wohltuende Wertschätzung gipfelt in den Worten: „Eigentlich brauchst Du einen solchen Raum nur für Dich!“


Dieses „Raum“ nehmen und geben spielt ja auch in den Systemaufstellungen eine große Rolle - aber das will ich heute nicht mehr vertiefen. Denn es erinnert mich gleichzeitig auch an einen Film, den meine Liebste uns gestern ausgesucht hatte: „Hinter dem Horizont“ (mit Robin Williams). Darin geht es um das Sein, in einer Geschichte, die Bilder vom Horizont jenseits des Lebens und von dem Verhältnis der Lebenden und Verstorbenen inszeniert wie in einem riesigen Gemälde. Eine Szene wirkte auf mich, als ob die Hauptfigur in ein gemaltes Landschaftsbild hineinläuft, was sich dann gleichzeitig in eine räumliche Landschaft derselben Farben verwandelt, während die Hauptfigur mit ihren Schritten die frische Farbe verwischt. Ich hatte dennoch nicht den Eindruck, als ob die Malerei zerstört wäre… Auch hier wieder: Einheit und System im Wandel…