Die Kunst der Papageien-Aufstellung

Hallo Herr Kasper!

vielen Dank für Ihren informativen und auch sehr humorvollen Kommentar zur Papageien-Wirklichkeit!


Grundsätzlich stimme ich mit Paul Feyerabend in der Wahl von Methoden durchaus überein: "anything goes" . Wir sollten allerdings beachten, daß ein solches philosophisches Axiom von einem äusserst kritischen und selbstkritischen Menschen in die Welt gesetzt wurde, der durchaus Begründungen, Evidenzen, Diskurse über "die Wege hindurch" (Methoden) postulierte. Das sage ich nur, weil eine berechtigte Kritik an der Aufstellungs-Szene ja sicher darin besteht, Wald- und Wiesenaufstellungen die Tür zu öffnen. Bzw. die Zugänge und zugrundeliegenden Hypothesen nicht offenzulegen oder nachvollziehbar zu machen (und das z.T. mit eher moralischen Einwänden: jedes Verfahren entwickelt in seiner Entwicklung auch eine eigene Über-Ich-Struktur, aber das gilt nicht nur für Aufstellungen).


Leider kennen wir uns nicht persönlich. Ich gehe jedoch einmal davon aus, dass für Sie das "unbedingt" der Aufstellung von Haustieren eine zunächst *hypothetische* Anregung (mit dem Denken das Innere ordnen und dann Handeln) darstellt und - vom Experimentieren einmal abgesehen, was ja wegen der Gefahr der Stabilisierung von Problemtrancen oder Nicht-Lösungen auch nicht unproblematisch ist - keine Handlungsanweisung darstellen soll.


Eine Auswahl von Elemente einer Einheit - oder eines Systems - zu treffen und aufzustellen, ist ja leicht erlernbar. Das hat etwas mit Handwerk zu tun, das jemand mehr oder weniger gut beherrscht, aber sicher nicht mit "Kunstfertigkeit". Ein wesentlicher Teil der "Kunst" in der Aufstellungsarbeit besteht für mich darin, in der Auswahl von Elementen, welche Unterschiede 2. Ordnung hervorrufen können (es bedingt Hypothesen über die Struktur) . Wenn sie energetisch spürbar sind, ist es ja noch (relativ) einfach. Schwieriger ist die Öffnung jenseits der bisherigen Erfahrung und der Wirklichkeitskonstruktionen, die wir mit "Wissen" bezeichnen. Dort fängt ja oft erst der wirkliche Mut in der praktischen Arbeit an.


Wie in jeder soliden Beratungsdarbeit wird es - in bezug auf die Vorauswahl und Fokussierung der Aufstellungsarbeit - doch immer darum gehen, inwiefern ein - zum Problem geadelter - Fakt vorliegt und inwiefern ein Veränderungswunsch besteht und welche Richtung letzterer einnehmen soll.

Von Aufstellungen kompletter Familien abgesehen - über deren Sinnhaftigkeit man durchaus diskutieren sollte! - würde mich derzeit nur solche Fälle zum Aufstellen einladen, wo das Haustier wesentlicher Kontext der Problem- Lösungs-Struktur (und der unberücksichtigten Kontexte) darstellt. Oder wo es - vor allem in seinem symbolischen Gehalt - in seiner Wirkung offensichtlich zu einer (kraftvollen) Ressource für den Kunden und sein System wird.


Die Papageien gehören natürlich "dazu" - die Frage ist halt, wodurch sich die Qualität einer Bindung von Menschen und ihren Haustieren wahrnehmbar macht - nicht zuletzt für den Berater. Die Kunst der Papageien-Aufstellung besteht vermutlich darin, ihrem Nachplappern nicht zu folgen - oder es als Verlängerung des Interviews mit ihren Haltern, im Sinne des Zirkulären Fragens, aufzufassen.

Was mich aber auch konsequentereise dahin brächte, in Interviews eine virtuelle Papageienwirklichkeit herzustellen, nach dem Motto: "Wenn Sie einen Papagei hätten, was würde der mir denn über Ihr "Problem" erzählen?

Mit einem Zwinkern im Auge...