Die Krise: Glück für Europa

Die aktuelle Krise des Euro bzw. sein Niedergeknüppeltwerden durch den Finanzmarkt dürfte einen paradoxen Effekt haben, den ich persönlich höchst erfreulich finde: Die bislang halbherzigen Einigungsbemühungen Europas werden einen ungeahnten Schub erhalten.


Eine gute Gelegenheit, einige Merkwürdigkeiten systemischer Prozesse zu analysieren, die sich auch andernorts (subversiv) nutzen lassen:


Als der Euro eingeführt wurde, wussten alle Experten und alle Verantwortlichen (was nicht dasselbe ist), dass die Voraussetzungen für das Funktionieren einer Währungsgemeinschaft nicht gegeben waren: eine gemeinsame Wirtschafts- und Haushaltspolitik.


Trotzdem wurde es gemacht. Was vorherzusehen war: die Ungleichheiten zwischen den beteiligten Ländern steigerten sich. Griechenland ist nun das erste, das seine Schulden nicht begleichen kann. Sie sind zu einem guten Teil durch die Gemeinschaftswährung bedingt und nicht mehr in der alten Weise durch Abwertung der eigenen Währung zu beseitigen.


Nun stehen alle gemeinsam vor der Frage, wie es weiter gehen könnte. Die Alternative ist: Entweder zurück zum alten System oder vorwärts zu mehr Integration. Der zweite Weg eröffnet die weitaus besseren Optionen als der erste und er ist wahrscheinlich auch der kostengünstigere.


Die Bedingungen haben sich geändert, und mit ihnen ihre Beschreibung und Bewertung. Und auf einmal sind alle die früheren Gegner einer größeren politischen Integration (= nationaler Autonomieverlust) auch für eine gemeinsame Finanzpolitik usw.


So muss man das machen, wenn man Veränderung initiieren will. Aus systemischer Sicht gilt: Man muss anfangen, irgendwas zu ändern, was dafür sorgt, dass einige Elemente des erstrebten Zustands realisiert werden (Einführen des Euro). Die systemischen Kopplungen und Wechselwirkungen führen dann langfristig dazu, dass diese Änderungen entweder zurück gedreht werden oder aber das System sich ändert.