Die Gerechtigkeit von HP

Ich besitze einen Drucker von HP (Officejet 8600 Pro 8600 Plus). Seit gestern weigert er sich zu drucken. Er meldet mir: "Problem mit dem Drucker oder dem Tintensystem. Drucker aus- und wieder einschalten. Besteht das Problem weiterhin, Kontakt mit HP aufnehmen."


Ich war natürlich sehr erfreut, dass mein Drucker meine Einschätzung teilt, dass ich ein Problem mit dem Drucker habe. Aber, bei aller Freude über soviel Konsens, war ich doch etwas unglücklich, dass er mir nicht mehr als den Aus-Einstellrat gab. Das hatte ich eh schon probiert. Aber auf seine Rat hin, habe ich das noch mehrfach versucht. Ohne Erfolg.

Also habe ich daraufhin versucht, Kontakt zu HP aufzunehmen. Zunächst im Internet, aber bei den FAQ's war nichts dabei, was ähnlich wie mein "Problem mit dem Drucker oder dem Tintensystem" klang. Also habe ich mich bemüht, telefonisch Kontakt zu HP aufzunehmen. Das war nicht so einfach, da mir gestern Abend im Internet signalisiert wurde, ich möge doch zu einer anderen Zeit anrufen, da jetzt bei HP's niemand zuhause sei.


Also habe ich es jetzt wieder probiert. Ich musste mich durch etliche Fragen auf der Website klicken, die ein wenig an das Beziehungsangebot dicker unfreundlicher Männer mit rudimentären Deutschkenntnissen vor Disko-Türen erinnerte. Dann aber war ich soweit: Ich klickte ein Feld an, das mir eine Telefonnummer versprach. Doch zunächst musste ich nicht nur bestätigen, dass ich kein Roboter bin, sondern auch noch aus einem Puzzle die Felder mit Verkehesschildern auswählen und anklicken. Erst das eine Puzzle, dann ein weiteres, aber beim zweiten Mal wurden andere Verkehrsschilder gezeigt. Dann wurde mir eine Telefonnummer gegeben 069/299934349. Dort habe ich angerufen, musste noch die 3 eintippen, weil dies die Nummer für Druckerprobleme war. Nach ein paar Minuten - nicht so lange, auf jeden Fall unter 10 Minuten - meldete sich eine wahrscheinlich (der Stimme nach) junge Frau, der ich mein Elend schilderte. Sie wollte den Namen des Geräts wissen, und erklärte mir dann einigermaßen empört, dass sie mir für das Gerät keine Auskunft erteilen könne, da es zu alt sei. Außerdem hätte ich keine erweiterte Garantie erworben, so dass ich - aus Gerechtigkeitsgründen den Kunden gegenüber, die eine erweiterte Garantie gekauft oder ein Neugerät erworben haben - keinen Anspruch auf ihre Hilfe hätte. Ich dachte natürlich sofort an Martin Schulz. Vielleicht könnte er ja durchsetzen, dass sich HP um meinen Drucker kümmert: der vollmundigen Gerechtigkeitskampagne mal Taten folgen lassen.


Mein Einwand, ich sei ja bereit, für die Unterstützung zu zahlen half nicht, die Dame ließ mich kalt abfahren. Ich solle mich doch in Internetforen schlau machen. Meine Frage, ob ich das Gerät denn nicht reparieren lassen könne, beantwortete sie mit: "Bei HP nicht!"


Dieser Satz hatte etwas deprimierend Endgültiges. Ich hatte ja gar nicht geahnt, welch erschütternde Erfahrungen man in der Beziehung zu einem Drucker machen kann. Meine traurige Feststellung, dass sei ja so wie bei alten Leuten, die man ins Heim gibt, fand sie nicht passend als Vergleich. Habe ich ja eingesehen. Es gibt ja keine Heime für Drucker, bei denen die Diagnose lautet: "Problem mit dem Drucker oder dem Tintensystem."


So alt war er ja eigentlich auch noch nicht. Gekauft 2013. Ja, so ist das eben im Leben: An den Druckern merkt man erst, wie alt man wird... Und so schnell kann alles vorbei sein: Gestern früh hat er noch  für mich eine Rechnung gedruckt, der Gute, und als ich am Nachmittag das Gutachten für eine Doktorarbeit ausdrucken wollte, hat er gestreikt (was ich jetzt nicht in einen unmittelbaren Zusammenhang mit dem Inhalt der Dissertation bringen will/kann).


Mein leiser Verdacht ist, dass man sich das Heim für alte Drucker bei HP einfach sparen will und gleich auf deren Beerdigung setzt. "Sie können ja einen neuen kaufen."


Aber vielleicht kann ihn ja jemand, der gegenüber Druckern einfühlsamer ist als ich, sie durchschaut, in ihre Inneres zu blicken weiss, ihre Gefühle und auch eventuelle  Kränkbarkeiten kennt, wieder zum Leben erwecken...? Ich bin ja auch bereit, mich zu entschuldigen... oder auch Geld zu geben.