Die DAX-Vorstände und der Hirnforscher

In dem jetzt schon mehrfach angesprochenen Buch von Mathias Eckoldt gibt es auch ein Interview mit Gerhard Roth. Er ist einer der angesehensten und bekanntesten Hirnforscher in Deutschland. Ich kenne ihn ein wenig, da er oft in Heidelberg zu Kongressen war und ich mit ihm gemeinsam vor langen Jahren mal einen einwöchigen Workshop mit Schweizer Schulpsychologen durchgeführt habe.


Er berichtet, dass er in letzter Zeit häufig von DAX-Vorständen angeheuert wird, um Interviews mit Mitarbeitern zu führen. Nicht, dass ich bezweifle, dass er das gut macht... Aber mir kommen die Tränen, wenn ich an diese DAX-Vorstände denke. Die haben doch tatsächlich die Idee, sie könnten über die Hirnforschung etwas für ihr Unternehmen Relevantes erfahren bzw. die richtigen Mitarbeiter auswählen. Die haben offenbar überhaupt nicht kapiert, welchen Job sie haben. Sie müssen ein Kommunikationssystem steuern - und da hilft ihnen nun einmal die Analyse von Individuen bzw. deren psychischer Strukturen nur sehr begrenzt, ob die nun durch psychoanalytische Methoden oder die Hirnforschung versucht wird.


Die Individuumzentriertheit der Mainstream-Managementlehre und der Wirtschaftswissenschaften generell ist einfach bekloppt. Eine Organisation ist nicht als Addition von Individuen und ihren Gehirnen zu verstehen.


Liebe DAX-Vorstände, die ihr Gerhard Roth engagiert, nehmt doch mal an einem Volkshochschulkurs über soziologische Systemtheorie teil. Das könnte helfen, Eure eigenen Entscheidungsprämissen ein wenig zu korrigieren.