Destruktive Positivität

Üblicherweise haben soziale Spielregeln eine Wirkung, welche die Freiheit des Individuums begrenzt, indem sie Grenzen setzen und definieren, was alles nicht erlaubt ist (=Verbote). Solange man diese Grenzen nicht überschreitet, kommt man nicht in Konflikt mit seinen Mitmenschen (zumindest hat man gute Chancen, ihnen zu entgehen).


Schwieger ist es, mit Geboten umzugehen. Sie schreiben vor, was man tun sollte. Sie erfordern also eine aktive Leistung, ein beobachtbares "Anpassungs"-Verhalten.


Unauffällig bleibt man, solange man solche Gebote erfüllt, und nicht gegen Verbote verstößt. Will man in den Fokus der Aufmerksamkeit seiner Mitmenschen gelangen, so muss man das positiv erwartete Verhalten unterlassen und das negativ nicht-erwartete Verhalten zeigen.


Meist macht man das, weil diese Gebote und Verbote internalisiert sind ("Selbst-Ideal" vs. "Über-Ich"). Das geht so weit, dass man (=wir) auch Gebote erfüllen, bei denen keinem Schwein auffallen würde, wenn wir es nicht täten (außer uns selbst).


Problematisch werden solche positiven Erwartungen (Gebote), die man an sich selbst richtet, wenn es keine Merkmale der Unterscheidung dafür gibt, dass man genug getan hat. Dann kommt es zum Durchdrehen solcher Zirkel - und schließlich zur Erschöpfung, zum Burnout.


In den psychosozialen Berufen ist dies häufig zu sehen. Es gibt wenig objektivierbare Fakten, an denen der (Selbst-) Beobachter ablesen kann, dass er genug getan hat. Bleibt nur die Feststellung der eigenen Erschöpfung als Maßstab: "Ich bin kaputt, also habe ich genug getan!"


Ein einziger Jammer... - finde ich.