Der Preis ist heiß!

Zu Beginn dieser Kehrwoche, die wir im Team bestreiten – nicht dass wir jetzt alle zusammen den Besen halten und synchron die Kehrbewegungen ausführen, nein, die Aufgaben des Kehrens sind schön aufgeteilt, jeder hat seinen eignen Part – , möchte ich gleich beim lieben Geld anfangen. Es spielt ja in vielen Bereichen die Ausschlag gebende Rolle und somit hat es das liebe Geld verdient, hier an erster Stelle abgehandelt zu werden.


Ein Verlag muss mit seinen Erzeugnissen neben den Inhalten, die er der Welt zugute kommen lässt (was als Aufgabe und Motivation hier natürlich weit vor allen finanziellen Bestrebungen liegt) auch Umsätze machen und daraus möglichst auch Gewinne erzielen. Oder wie Carl immer mal wieder durch die Räume ruft: „Dafür hab ich euch eingestellt!“


Eine Voraussetzung, diesen Zielen näher zu kommen, sind natürlich fachlich und inhaltlich gut gemachte Bücher. Ein Zweites, Drittes und Viertes tragen die Verkäuflichkeit, die Aktualität des Themas und die Preisgestaltung dazu bei. Und da stellt sich bei jedem Buch die Frage, was denn der angemesse Verkaufspreis sei.


Die gute alte Leipziger Kalkulation (Herstellkosten mal 3) wurde von den vielen Rechenkünstlern des Betriebswirtschafts(un)wesens längst als überholt und wenig transparent gebrandmarkt. Heute gibt es bis ins kleinste Controlling-Detail ausgearbeitete Kalkulationsarten zur Ermittlung verschiedener Deckungsbeiträge. Für uns hat sich dafür die „retrograde Staffelkalkulation“ mit drei Stufen der Kostendeckung als praktikabelste Methode der Vorkalkulation herausgestellt. Im Unterschied zur retrograden Rechnung gibt es auch progressive Kalkulationsarten, aber die sind per se nicht besser. Wenn dann damit „alles schön gedeckt ist“, bleiben aber immer noch die Frage des marktgerechten Preises und die Bedürfnisse der Mischkalkulation.


Purist darf man also hier nicht sein. Denn die Rosamunde-Pilchers müssen nun mal die – inhaltlich viel besseren, künstlerisch hoch stehenden, aber schlechter verkäuflichen – Lyrikbändchen mit finanzieren. Bei uns sind die inhaltlichen Extreme zwar nicht so weit auseinander, mischen müssen wir aber auch. Ich erinnere hier an Carls mahnende Worte von oben. Deshalb wird also auch noch die Verhältnismäßigkeit mit vergleichbaren Büchern auf dem Markt geprüft, heruntergerechnet bis auf den Seitenpreis und die darauf verteilte Textmenge. Das Bilden von Hypothesen über den marktgerechten Preis hilft, den Verkaufspreis zu bewerten und am Ende zu benennen. Schließlich sind wir’s dann zufrieden und setzen den liebevoll entwickelten und gehätschelten Preis mit erwartungsvoll-bangem Gefühl dem ach so gnadenlosen Markt aus. Romantische Anwandlungen sind hier fehl am Platze. Liberal nennt man jetzt dieses selbstorganisierende und -regulierende Marktsystem. Da muss der kleine Preis sich genauso behaupten wie der große Preis. C’est la vie! Und dafür gibt es dann die so genannte Titelerfolgskalkulation, die dann mit viel Aufwand die einfache Tatsache belegt, nämlich dass man – wie so oft – erst hinterher schlauer ist. Und entsprechende Rückmeldungen lassen auch nicht lange auf sich warten: "Das ist aber etwas teuer" oder, zum gleichen Buch: "Dafür hättet ihr auch etwas mehr verlangen können".


Und so folgen wir in treuer Erfüllung unserer Aufgabe (vergleiche noch mal Carls mahnenden Worte von oben) der alten Fußballer-Weisheit: Nach dem Preis ist vor dem Preis, und kalkulieren und mischen für die anstehende Saison, ääh Produktion.


Klaus Müller