Der Hund im Auto, zum Beispiel

Autos (wie etwa auch Fensterscheiben) kommen in der Natur von sich aus ja nun nicht vor.


Also müßte zum Beispiel ein Hund, der im Auto herumgefahren wird, einen Schock erleiden.


Er kennt eine an ihm vorbüberziehende Welt ja nur, wenn er auf eigenen Füßen in Bewegung ist. Daß die Welt an ihm vorüberzieht, ohne daß er selber sich fortbewegt, muß ihm fremd sein, ja muß ihn ängstigen, schockieren.


Tut es aber nicht. Aus persönlicher Anschauung kann ich berichten, daß Hunde es offensichtlich lieben, im Auto spazierengefahren zu werden. Ja, sie genießen es. Ich stehe hier vor einem Rätsel.


Denn das Herumgefahrenwerden muß doch ein *Kulturschock* für Hunde sein. Es muß doch einen Erfahrungsbruch darstellen. Die Welt muß ihnen doch im fahrenden Auto aus den Fugen geraten.


Aber nein, nichts da.


Nun nehmen Sie aber noch den Vogel, der gegen eine Fensterscheibe fliegt oder gegen die Plexiglaswand eines Bushaltestelle-Wartehäuschens. Angenommen, der Vogel überlebt dieses Flugmanöver und fällt, nur mäßig verletzt, zu Boden und rappelt sich wieder auf und fliegt davon: Er ist doch nun traumatisiert fürs weitere Leben. Er hat ja keine Erklärung für das Vorkommnis. Es gibt ja auch keine, zumindest für ihn nicht. Er muß doch ab jetzt ständig damit rechnen, in seiner Flugbahn abrupt gestoppt zu werden. Er muß doch ab jetzt eigentlich an der Welt verzweifeln. Er muß doch ab jetzt permanent fürchten, „urplötzlich“ gegen eine „unbekannte Wand“ zu fliegen und sich „das Genick zu brechen“.


Sein Weltbild ist zerstört. Er sollte mit dem Fliegen aufhören. Ja, letztlich mit dem Vogelsein.


Denn wir dürfen dem Vogel ein Gedächtnis und eine Lernfähigkeit unterstellen. Sonst könnte er ja auch gar nicht Vogel sein. Er müßte nun lernen, das Fliegen einzustellen. Denn lernen, Glas zu sehen – das kann er sicher nicht.


Er hört aber nicht auf mit dem Fliegen. Natürlich nicht. Weil er es nicht kann. Aber was geht in seinem Kopf vor?


Eine Tragödie? Ja, auch der Vogel kennt die Tragödie. Ich bin sicher.