Das weiße Band

Michael Haneke entwickelt sich zunehmend zum europäischen Meisterfilmer. Sein neuester Film ist grossartig. Er schildert das Leben in einem deutschen Dorf am Vorabend des I. Weltkriegs und zeichnet ein minutiöses Bild davon, wie die Stratifizierung der Gesellschaft ihren Niederschlag innerhalb der autoritären Strukturen der Familien findet. Gutsbesitzer (Baron), Verwalter, Pfarrer, Arzt und Lehrer bilden die Crème der Gesellschaft, Bauern, Dienstboten und andere Gläubige den körperlich arbeitenden Rest. Zucht und Ordnung sind Grundlage des Zusammenlebens, und sie werden mit Gewalt hergestellt. Die Erziehung ist auf die Produktion von Untertanen ausgerichtet.


Wer - wie ich - etwas älter ist und weiss, dass seine eigenen Eltern damals (oder kurz danach) Kinder waren und die Erwachsenen im Film der eigenen Großelterngeneration entsprechen, weiss den Unterschied zu schätzen, d.h. unter welch liberalen Bedingungen wir heute leben... Vielleicht gibt es ja doch so etwas wie Fortschritt in der Geschichte.


Übrigens: Man hätte den Film auch "Lob der Disziplin" nennen können.