Dario Fo

Von fraFri - bekannt aus den Kommentarspalten - kam die Anregung,  des Todes von Dario Fo zu gedenken und hier einen Text über ihn zu publizieren. Ich habe fraFri gebeten, diesen Text selbst zu verfassen, was er dankenswerterweise getan hat:


Dario Fo (1926 – 2016)


Am 13. Oktober hat der Schauspieler, Satiriker, Theaterautor, Regisseur, Literatur-Nobelpreisträger (!) und Politiker (!!) Dario Fo die Bühne des großen Welttheaters für immer verlassen.


Weil wir vernünftige Deutsche in unserem Herzen doch alle auch ein bisschen Italiener sind, regte ich beim Blogbetreiber einen Beitrag zu Dario Fo an, was dieser mir prompt zurückgab. Nun gut…


Dario Fo hat die verschütteten Wurzeln des Theaters freigelegt und wiederbelebt, die derbe Hanswurstiade, das Volkstheater und vor allem auch die klassische Commedia dell’ arte. Er war in Italien wohl eine Institution – mit der ganzen Bandbreite, die dazugehört: vom Auftrittsverbot im Fernsehen bis zu seiner öffentlichen Würdigung durch Ministerpräsident Renzi letzte Woche. Der Blogbetreiber könnte dazu sicher Kompetenteres sagen als ich.


Mich persönlich fasziniert(e) an Dario Fo, dass er den klassischen Mimen ver-körperte und damit – wie kann es anders sein – natürlich Mimesis. „Dario Fo konnte stundenlang allein in Frankfurt, in Berlin, in New York, überall auf der Bühne stehen und nach einer Weile achteten die Leute nicht mehr auf den Dolmetscher, weil sie fürchteten, ihnen könnte ein einziger seiner Wimpernschläge entgehen. Er konnte brüllen und flüstern. Wenn er sich räusperte, war es großes Theater.“ (Arno Widmann in der Frankfurter Rundschau)


Wir alle sind ja letztlich Mimen im großen Welt-Theater – und ich finde es sehr hilfreich, sich immer wieder mal daran zu erinnern (etwa auch bei der Betätigung in diesem Blog-Theater). An Dario Fo konnten wir studieren, was das heißt; und was es braucht, um unsere Rolle so zu spielen, dass das Leben fließt und nicht stagniert. Mimesis ist mehr als bloßes Imitieren; es ist Nach- und Vor-ahmen zugleich. Dario Fo erzählte Geschichten so, dass deutlich wurde: „De te fabula narratur!“ – die Geschichte handelt von Dir. Er verstand es (noch einmal Arno Widmann), „die kleine Stelle zu treffen, an der beim Leser, beim Zuschauer Vernunft und Herz aufeinanderstoßen.“


Leben geschieht – als Freude und Schmerz, als Liebe und Hass, als Aufstieg und Niedergang, als Entropie und Negentropie. Diese Bewegung des Lebendigen ist als solche nicht beobachtbar. Als Lebewesen (homo sapiens) nehmen wir teil an ihr; als reflektierende Menschen dagegen, d. h. als Beobachter, können wir uns neben sie stellen und sie von außen betrachten. Wir können sie zwar nicht 1:1 abbilden; wir können aber die Spuren, die sie in physischen Medien hinterlässt, mit Gesten (i.w.S., auch Worte sind letztlich Gesten) nach- und vor-ahmen und auf diese Weise Objekte formen (nämlich Werkzeuge und Begriffe), die scheinbar unabhängig von uns Bestand haben und vermittels derer wir uns in die Bewegung des Lebendigen wieder-eingliedern (englisch: re-membering; oder auch: re-entry) – und zwar möglichst so, dass das Leben fließen kann und nicht stagniert.


Als ein solches „re-entry“, mit dem der Mime Dario Fo die stagnierenden italienischen Verhältnisse wieder zum Fließen bringen wollte, sehe ich auch sein Engagement in der der Fünf-Sterne-Bewegung.


Und zum Schluss noch etwas zum Sehen und Hören.


https://www.youtube.com/watch?v=EOrVavVzb64