Constructivist Foundations

Da ich gerade dabei bin, einen Nachruf auf Ernst von Glasersfeld zu verfassen, habe ich noch mal im Internet recherchiert, um zu sehen, was so über ihn geschrieben wird. Dabei bin ich auf ein Konstruktivismus-Internetportal und die - mir auf den ersten Blick - interessant erscheinende Internet-Zeitschrift "Constructivist Foundations" gestossen (http://www.univie.ac.at/constructivism/org.html).


Interessant ist, welche Autoren dort als konstruktivistisch forschend und arbeitend aufgeführt sind. Natürlich sind die üblichen Verdächtigen zu finden. Das ist ja nicht überraschend. Was mir aber sehr merkwürdig erscheint, ist, dass nahezu das gesamte therapeutische Feld dort nicht vorkommt. Auch im Bereich Management scheint pure Ignoranz zu herrschen. Damit dürfte ein Satz von Heinz von Foerster seine Bestätigung finden: "Wir sehen nicht, dass wir nicht sehen". Das gilt offenbar auch für die Betreiber des Portals und den Herausgeber des Journals.


Oder aber sie sehen, und wollen/dürfen nicht sehen (dann wäre eher auf Freud zu verweisen). Denn Zeitschrift und Portal haben ihren Sitz in Wien, und die Herausgeber haben ganz offensichtlich den Konstruktivismus erst entdeckt, als Leute wie Heinz von Foerster und Ernst von Glasersfeld schon jahrelange Triumpfzüge von einem Therapie-Kongress zum anderen hinter sich hatten, ja, sogar schon in St. Gallen aufgetreten waren. In Wien waren beide sehr oft, und in Wien sitzen viele Therapeuten, die ihr Gedankengut aufgenommen und weiter entwickelt haben; dasselbe gilt für den Bereich systemisch-konstruktivistisches Management/Organisationsberatung, dessen Ur-Suppe in Wien gekocht wurde...).


Es gibt wahrscheinlich also nicht nur den unvermeidlichen blinden Fleck, sondern auch den bewußt oder unbewußt gewählten. Wahrscheinlich handelt es sich hier ja wieder einmal um die oft zu beobachtenden regionalen (=provinziellen) Eifersüchteleien von Bewohnern derselben Stadt (hier: Wien).