Change the World

Soziokybernetiker sind Weltverbesserer. Zumindest ist das der Eindruck, den ich gewinne, wenn ich nun am dritten Tag der „6th International Conference of Sociocybernetics“ folge. Und anders als man meinen möchte, gilt, je älter desto verbesserischer. Anrührend scheinen da noch die Beispiele derer, die einen handgeschriebenen Beitrag auf Folien mit zarter Stimme präsentieren und im Nachgang jedem eine ebenso zart kopierte Kopie aushändigen, zur intensiven Lektüre, mit dem Vertrauen, dass papierenes Wissen die beste Waffe sei, die großen Ziele zu erreichen. Extrem anstrengend sind dagegen jene Researcher, die mit langen Zahlenreihen und schleifenreichen, wohl animierten Powerpoint-Präsentationen erklären, wie mit Feedback die Welt zu retten wäre. Laut ist die Klage über die mäßige intellektuelle Kapazität der anderen. Die Welt könnte ein so schöner Ort sein, wenn man nur verstehen wollte. Sehr anstrengend das alles, und mich beschleicht das Gefühl, dass ich so nicht gerettet werden möchte. Das fühlt sich einfach nicht gut an.


Was sich gut anfühlte, war das Straßentheater von Shirley Sunflower gestern Abend auf dem Lent-Festival. Lent, so heißt die Uferpromenade Maribors. In jedem Jahr in der ersten Juliwoche finden sich hier zwischen Buden und Büdchen, großen Bühnen und kleinen Plätzen Musiker und Kleinkünstler aller Art. Ein Thema gibt es nicht, jeder ist willkommen und es ist eine Menge los. Shirley Sunflower nun ist eine Straßenkomödiantin aus Australien. Mit ihrer kleinen Show erfrischt sie die Menge und bringt die Leute zum Lachen. Sie, die Australierin, so die Geschichte ihrer Inszenierung, ist auf der Suche nach dem Vater ihres Babys, einem Mann aus Maribor, den sie dann auch im Publikum findet. Die Geschichte wird in großen und kleinen Posen ausgeschmückt, nach und nach wird mehr und mehr Publikum eingebunden und findet sich zum Schluss auf der Bühne. Am Ende stellt sie einen gigantisch großen Hut auf und bittet um Abstimmung mittels Donation, ob es ihr gelungen sei, die Welt ein wenig zu verbessern. Der Hut, so das Ergebnis der Weltverbesserungsabstimmung, füllte sich mit slowenischen Tollar-Scheinen, bis obenhin. Es war bemerkenswert, mit welcher Freude hier gegeben wurde. Das ist wohl die Art und Weise, wie die Welt verbessert werden möchte.


“Change the world for a fiver” ist der Titel eines kleinen Buches, das im Sinn von Shirley Sunflower sich anstellt, die Welt zu verändern. Entlang des Mottos „We are what we do.“ werden 50 kleine Aktivitäten identifiziert, mit denen wir für uns und für andere das Leben schöner machen und die Welt verändern können. Change the world for a fiver Zum Beispiel die Change the World Activity #23: Have more meals together - aus der Schublade Öfter-mal-für-Freunde-kochen-auch-wenn-man-gar-nicht-kochen-kann. Change the World Activity #2: Read a story with a child (auch wenn man sich für einen schlechten Vorleser hält), war für mich die Aufforderung, meinem Sohn von da an, wo immer möglich, etwas vorzulesen. Was soll ich sagen, das fühlt sich gut an, und nicht nur für meinen Sohn, sondern auch für mich.


Zurück zur Konferenz und den Altvorderen der Soziokybernetik. Da lässt sich doch bestimmt was machen. - Change the World Activity #14: Spend time with someone from a different generation.