Cabrio

Wieder die heißen Tage und wieder die lustvoll-aufgeregte Frage, ob es nicht mal irgendwann ein Cabrio sein soll. Bilder und Geschichten mit Sportlichkeit, viel Sex-Appeal, easy going, mit Serpentinen hoch über blauem Meer... tauchen auf. Eben alles, was da so abgespeichert wurde im Laufe des Lebens. Und auch wieder die (etwas sonore) Stimme (von links unten vorn), die darauf hinweist, das mit einem Cabrio nix zu transportieren sei, nicht einmal die Weinkisten aus Italien und ziehen tut es auch beim Fahren.

Ist ja klar, dass man mit Autos Geschichten kauft und nicht Maschinen. Der Autoverkäufer, der mich am meisten beeindruckt hat, war nicht der, der sehr gewissenhaft die Konfiguration des Autos mit mir durcharbeitete, zumal bei jedem Nicken von mir die Kiste teurer wurde. Es war der Verkäufer der sagte, man solle nur das Auto kaufen, das einem Spaß macht. Das klang souverän-sicher, stellte die sonore Stimme ruhig, ließ mich mit anderen Kriterien in die Autos steigen und machte mich für ihn und seine Produkte gewogen (leider machten seine Autos dann nicht das Rennen um meine Lustgefühle, er war irgendwie nicht im richtigen Autohaus).

Nun sind die Geschichten, die zum Cabrio in mir aufsteigen, nicht nur Werbungsklischees. Seit ich als Student einen VW Samba Bus fuhr, mit Dachfenstern und einem Faltverdeck, das sich von vorn bis hinten öffnen ließ, ist das eigentlich der geheime Traum. Zwar fuhr dieses untermotorisierte Mobil, das ich mit einer Klingel statt Hupe aufgebessert hatte, nur sehr zögerlich. Aber all die Geschichten der Reisen mit dem Bus, der kleinen und großen Abenteuer in dem Bus, der Stunden mit Werkzeug unter dem Bus.... Als VW sein Konzept zum Micro Bus vorstellt, hüpfte das Herz. Auch solche Träume können eben als emotionales Kaufargument für schnöden Umsatz aktiviert werden.

Gerade jetzt in diesen langen Tagen, wenn an den Abenden dieses unglaubliche Licht auch die deutschen Lande zum Leuchten bringt, sitze ich im Cabrio und schwinge durch die milde Luft. Oder durch die aktuelle südeuropäische Glut, wo sich die Italiener jetzt über eine hot line über den angemessenen Gesundheitsschutz bei der Hitze beraten lassen können: den Fahrtwind spüren, der fast wie ein Haarföhn daherkommt.

Vielleicht erzeugen Fantasien zum Cabriofahren ja so etwas wie Momente des Glücks. In der Tabelle zum „Glück bei verschiedenen Aktivitäten“ (R. Layard), taucht das allerdings (noch) nicht auf (zumindest nicht bei den befragten tausend erwerbstätigen texanischen Frauen). Da steht Sex an erster Stelle (und das bei der Hitze), Beten liegt im Mittelfeld und das Pendeln zur Arbeit an letzter Stelle. Wenn man das aber alles mit einem Cabrio kombiniert.... welch Steigerungen des Glücksindex wären da noch möglich!