Buddenbrooks

Das Gymnasium lebt. Oder besser: das traditionelle Bildungsbürgertum. Denn nur so ist der Erfolg der gerade angelaufenen Buddenbrooks-Verfilmung zu erklären. Dass sie ein Erfolg ist, zeigt der Andrang in den Kinos. Als ich am zweiten Feiertag in den Film gehen wollte, war die Nachmittagsvorführung bereits ein Viertel Stunde vor Beginn ausverkauft. Gestern war ich schließlich in der 14 Uhr Vorstellung und es waren nur wenige Plätze frei.


Aus der nicht repräsentativen Testgruppe, als deren Teilnehmer ich im Kino war (drei Personen zwischen 85 und 95, zwei Personen zwischen 55 und 65, eine Person zwischen 15 und 25) haben vier den Film nahezu vollkommen durchgeschlafen. Wach - aber mit häufigem Blick auf die Uhr (der Film hat Überlänge) - blieben nur die beiden zwischen 55 und 65 Jahre alten Zuschauer. Und auch die haben sich gelangweilt.


Ich selbst - einer der tapferen Wachbleiber - fand das Betrachten des Films wie eine der praktischen Kurzzusammenfassungen für den Deutschunterricht, die es einem ermöglichten, schlau über ein Buch zu reden, ohne es lesen zu müssen. Das Buch ist lang und in zweieinhalb Stunden sicher nicht zu lesen. Nach dem Film hat man eine Ahnung, worum es geht. Allerdings war für mich die Kenntnis des Buches Voraussetzung dafür, irgendetwas von dem Film zu haben. Und es war eher das Wiedererkennen, das dabei ein wenig Freude machte. Ansonsten war es ziemlich spannungsfrei und öde.


Das Thema Familienunternehmen erfreut sich zur Zeit einer gewissen Popularität. Doch das erklärt m.E. nicht das Interesse an dem Film. Es dürfte sich eher um ein Regressionsphänomen handeln, dass sich der gute alte deutsche Bildungsbürger an die guten alten Zeiten erinnert. Nicht die Zeiten, von denen das Buch handelt, sondern die Zeiten, in denen man das Buch gelesen hat. Eine Art Nostalgietrip, von dem man sich auch nicht durch grottenschlechte Rezensionen abhalten lässt. Mehr war es nicht (aber auch nicht weniger).


Wer keinen Thomas Mann gelesen hat (wie meine älteren und jüngeren Begleiterinnen), fragten sich nur: Was will uns der Film sagen? Und das ist auch für mich die Frage...