Britanniens Kolonialreich

Bei der diesjährigen Berlinale habe ich den Film "Viceroy's House" gesehen. Er handelt in der Zeit, als Groß-Britannien Indien seine Unabhängigkeit gab, und er zeigt, dass die Teilung Indiens in Pakistan - einen muslimischen Teilstaat - und die Republik Indien - in der überwiegend Hindus, Jains, Sikhs, aber auch noch ein paar hundert Millionen Muslime leben - keineswegs dem Willen des indischen "Volks" entsprang, sondern von langer Hand durch die Churchill-Regierung geplant und vorbereitet war. Sie folgte der alten britischen Strategie des Prinzips "Teile und herrsche". Dass damals unmittelbar eine Million Tote und 13 Millionen Vertriebene Folge der mit der Teilung verbundenen Unruhen waren, sei nur am Rande erwähnt.


Jetzt liest man im Rahmen der BREXIT-Debatten, dass die Briten ihrem Kolonialreich nachtrauern. Und eine Mehrheit auf der Insel glaubt, dass GB der Welt - z.B. Indien - Zivilisation und  Wohlstand gebracht habe.


Dass dies ein Irrtum ist, zeigt ein demnächst erscheinendes Buch, dessen Zusammefassung im Guardian zu lesen ist. Es stellt dar, dass bzw. wie Indien von den Briten systematisch ausgeräubert worden ist, dass es vor der gewaltsamen Übernahme der Macht durch die Britische Ost-Indien Kompanie eine hoch entwickelte Wirtschaft hatte, dass es kaum Armut gab, und dass auch keine Feindschaft zwischen Muslimen und Hindus bestand. Die wurde erst durch die britische Machtstrategie des Splittens herbeigeführt (mit den genannten Folgen). Alles in allem: kein Grund für Briten, stolz auf diese Geschichte zu sein.


Und wenn heute eine Kolonialreichnostalgie herrscht, so ist das zwar verständlich, denn die Bevölkerung hat damals davon profitiert, dass fremde Länder und Kontinente ausgebeutet wurden, aber es ist ziemlich naiv anzunehmen, dass sich etwas Analoges heutzutage - ohne militärische Machtmittel - mit Hilfe von Freihandelsabkommen etc. wieder herstellen ließe. Denn die indische Bevölkerung, um bei diesem Beispiel zu bleiben, ist ja nicht "an sich" blöd, sondern sie wurde von den Briten an der Entwicklung gehindert, ihrer Ressourcen und sozialen Strukturen  beraubt, um sie gezielt in einem Zustand  zu halten,  nicht konkurrieren zu können. Das ist heute anders. Um das zu sehen, braucht man sich nur die indischen IT-Hochburgen anzuschauen...


Der Artikel des Guardian ist hier angehängt (sehr lesenswert):


Quelle: 'But what about the railways ...?' ​​The myth of Britain's gifts to India | World news | The Guardian