Bilder im Kopf

*„Die Bleistifte gespitzt, liebe Oberlehrer!“*, forderte Volker Panzer zur Eröffnung des ZDF-Nachtstudios am letzten Sonntag, als er vier veritable Experten zum Gedankenaustausch über das gute Deutsch versammelt hatte, darunter den Vater der Zwiebelfische Bastian Sick und Bodo Mrozek, der gerade das Lexikon bedrohter Wörter herausgegeben hat und der überdies die Einrichtung eines richtigen Wortfriedhofes mit echten Grabsteinen für ausgestorbene Wörter plant. Ich habe mich trefflich amüsiert und eine Menge Interessantes erfahren. Leider war es doch sehr spät und ich nicht mehr willens, mich der geistigen Disziplin zu unterwerfen, das Instrument anzuwenden, mit dem ich Sie heute bekannt machen möchte. Aber ich weiß: Möglich ist das. Adi meint, ich sei eben der gleiche faule Sack, den zu überwinden ich anderen Leuten als alter Oberlehrer nahe legen möchte. Außerdem mahnt er mich mit einer altschwäbischen Weisheit, die neuerdings den Studenten die Studiengebühren versüßen soll: *„Was nix koscht, isch nix wert!“* Ich erkläre ihm, dass Eigentum verpflichte und ich den Besitz dieses wertvollen Stücks mit den armen Studenten teilen wolle, die so wenigstens mit weniger Stress schneller studieren könnten. Wissen dürfe man nicht für sich behalten, es müsse unter die Leute gebracht werden. (Den Vorwurf des Oberlehrertums muss man da eben ertragen). Um es zu verkaufen, sei ich außerdem zu alt, also versuche ich es blogweise zu verschenken. Gregor Staub sagt, dass sich diese Techniken kaum über das Lesen verbreiten ließen. Maximal ein Prozent der Leute lernten so etwas aus Büchern, die anderen bräuchten dazu mindestens ein CD-Programm, noch besser direkt den Trainer vor sich, der sie anleitet. Ich weiß nicht. Bei vielen begeisterten Zuhörern versackt die Lernbereitschaft schon unmittelbar nach dem Schluss einer solchen Veranstaltung. Die den Wert für sich erkennen, bringen die Energie zum Lernen auf, ganz gleich welches Medium ihnen die Information bietet. Darum versuch ich es auf diese Weise.


Heute lade ich Sie dazu ein, ein im Prinzip altbekanntes geistiges Werkzeug selbst auszuprobieren, das Ihnen ab sofort und, wenn Sie denn wollen und sich darin ein wenig üben, vielfältige Dienste leisten wird. Zwei Grundstrukturen werden dazu einfach im Kopf dauerhaft (also durch Lernen) miteinander verknüpft: die natürlichen Zahlen und dazu passende sinnvolle Bilder. *„Du solltest den Leuten raten, den folgenden Text auf ihren eigenen Computer zu kopieren“*, meint Adi und fügt hinzu: *„Das riecht ja schon fast nach Schule.“* Es ist wirklich, wie ich zugeben muss, ein für diesen Blog völlig untypischer Beitrag, wenn auch jedem nützlich, der sich darauf einlassen mag.


Also dann: Nehmen Sie die Zahl 1 und dazu ein Bildwort wie den Leuchtturm, eine brennende Kerze oder einen Baum. Alle diese Bilder erinnern an die Form der Eins. Ich schlage Ihnen vor, für unsere Übung das Bild der (Straßen-)**Laterne** für die **Eins** zu nehmen. Woran denken Sie bei der Zahl 2? Für mich liegt es nahe, an etwas zu denken, das es paarweise gibt. Deshalb schlage ich als Symbol für die **Zwei** den **Schuh** vor. Ein Dreieck würde ja die Zahl 3 ganz anschaulich begleiten, aber es ist ein etwas dürres Bild. Lebendiger ist da schon der **Klee** als Symbol für die **Drei**, ein sinnliches Bild. Als Symbol für die **Vier** schlage ich die **Kuh** vor, ein liebenswürdiges Tier auf vier Beinen, das seine Milch über vier Striche des Euters abgibt. Fünf **Finger** hat die **Hand**.


Probieren Sie es gleich einmal aus, wie perfekt Ihr Gehirn arbeitet, wenn Sie ihm digitale und analoge Informationen in Kombination anbieten. Ich schlage Ihnen vor, sich kurz zurückzulehnen, Ihre Augen zu schließen und die Zahlbilder für eins bis fünf zu wiederholen. Nehmen Sie ein Blatt Papier und schreiben Sie Ihr Ergebnis auf.


Haben Sie alle fünf Zahlbilder in Erinnerung? Wenn nicht ganz, macht das gar nichts. Bitte ärgern Sie sich nicht (man sollte sich beim Lernen überhaupt nie ärgern, sondern sich stärken in der Erwartung, alles lernen zu können, meint Adi an dieser Stelle), versuchen Sie es einfach noch einmal. Versuch, Irrtum und noch ein Versuch sind die natürliche Art zu lernen. Wie war das nochmal? Eins – Laterne; zwei – Schuh; drei – Klee; vier – Kuh; fünf – Hand. Perfekt!


„Schwein gehabt!“ sagt man. Warum also nicht das **Schwein**chen für die **Sechs**, mit seinem lustigen Ringelschwänzchen, vielleicht bringt es ja den Sechser im Lotto! Die **Sieben** als mythische Zahl, das märchenhafte Schneewittchen mit seinen sieben **Zwergen**. Beim **Achter** sehen wir das *„Flaggschiff“* der Rudersportler für die **Acht**. Alle Neune fallen bei einem Volltreffer beim Kegeln. Der **Kegel** für die **Neun**. Und sehen wir nicht den **Pfeil** des Schützen in die **Zehn** auf der Scheibe treffen?


Nehmen Sie wieder einen Zettel, lehnen Sie sich zurück, schauen Sie nicht auf den Bildschirm und schreiben Sie so viele der zehn bisherigen Bildworte auf. Fehlt Ihnen bei einer oder der anderen Zahl das Bild, lassen Sie den Platz offen. Gleich werden Sie nach einer nochmaligen kurzen Wiederholung bestimmt fast alle zehn Bilder in Erinnerung rufen können. Ist das nicht frappierend, wie leicht das geht?


Lernen Sie nun die Bilder für die Zahlen 11 bis 15 kennen: Klinsmann und die **Elf** bei der **Fußball**-WM. Die **Uhr** hat **zwölf** Stunden. Für die Dreizehn ist es nicht einfach, ein Symbol zu finden. Danke Gregor S. für die Geschichte mit dem Lift. Ihm ist aufgefallen, dass in amerikanischen Hochhäusern das dreizehnte Stockwerk fehlt. Daher symbolisiert auch hier der **Lift** die **Dreizehn**. Am vierzehnten Juli feiern die Franzosen ihren Nationalfeiertag. Der **Eiffelturm** ist ein gutes Symbol für die **Vierzehn**. Kurz vor dem Jahr 1500 wurde der Buchdruck erfunden, bald wurde die berühmte **Lutherbibel** gedruckt. Das Symbol für die **Fünfzehn**. Es kann bei Ihnen natürlich auch ein normales **Buch** sein.


Nehmen Sie bitte ein neues Blatt und schreiben Sie die Zahlen 1 – 15 auf. Tragen Sie nun möglichst viele der Zahlbilder ein, an die Sie sich erinnern. Haben Sie acht, zehn, zwölf oder Bilder zusammen bekommen? Dann haben Sie sich in kurzer Zeit schon sehr viel gemerkt. Schon mit einer nochmaligen kurzen Wiederholung kann sich Ihr Ergebnis 100 Prozent annähern. Jetzt können sie weiter gehen zu den letzten fünf Bildern Ihrer Zwanzigerliste:


Ein **Teenager** steht für die **Sechzehn**, Black Jack, das **Kartenspiel** heißt bei uns **Siebzehn** und vier. Mit **Achtzehn** erhält man das Wahlrecht. Das Symbol der **Wahlurne** steht dafür. Ein junger Mann mit **Neunzehn** hält seinen frisch erworbenen Führerschein in die Höhe. Daneben steht sein neues **Auto**. Um **zwanzig** Uhr gibt es die Tagesschau im **Fernseher**.


Lehnen Sie sich einen Moment zurück. Was war mit 16 – 17 – 18 – 19 – 20? Alles klar? Und nun das Ganze bitte von vorne. Probieren Sie es auswendig und schreiben Sie sich nur die Zahlen auf, bei denen Sie unsicher sind oder sich nicht in spätestens 3 Sekunden an das Bild erinnern. Machen Sie dann am besten eine kleine Pause, in der Sie sich anderweitig beschäftigen, um dann noch einmal die ganze Liste mit Zahlen und Bildworten auf ein frisches Blatt zu schreiben. Haben Sie alles? Nein? Nicht ärgern, sagt Gregor S. (www.megamemory.com). Besser ist es, sich zu freuen, wie viel man schon kann. Dann wird der Rest auch kein Problem, sagt er.


Was man alles damit anfangen kann, werden Sie zum größten Teil selbst entdecken; denn die individuellen Möglichkeiten sind schier unendlich, so Sie sich denn allen Unkenrufen zum Trotz auf den Weg des *Lernens II* machen wollen. Ich entdecke jedenfalls immer wieder neue Möglichkeiten, bei denen mir diese Techniken helfen. Gibt es ein oder zwei Menschen, also Subsysteme des großen Lernens, die das ausprobieren, was ich hier so freigiebig ausbreite zwecks Anreicherung ihres individuellen Lernsystems? Lassen Sie es mich gerne wissen. Es ist garantiert völlig ungefährlich, ideologiefrei und frei von jeder schädlichen Nebenwirkung. Sie brauchen weder Arzt noch Apotheker und auch keinen Oberlehrer. Die gewünschte Nebenwirkung ist allenfalls eine erhöhte Aufmerksamkeit für die Dinge dieser Welt und davon kann es bestimmt nie genug geben. Und wie es geht, sage ich Ihnen morgen.