Bewegung

Die Neurophysiologin Carla Hannaford schreibt in ihrem Buch "Bewegung das Tor zum Lernen" (VAK Freiburg 2001): "Je genauer wir das ausgefeilte Zusammenspiel von Gehirn und Körper betrachten, desto klarer und zwingender erscheint ein Gedanke: Bewegung ist für das Lernen absolut notwendig. Bewegung erweckt und aktiviert viele unserer geistigen Fähigkeiten. Bewegung integriert und verankert neue Informationen und Erfahrungen in unsere neuralen Netzwerke... Körper, Denken und Emotion sind durch komplizierte neurale Netzwerke eng miteinander verflochten und funktionieren als Einheit."


Diese Erkenntnisse der neurowissenschaftlichen Forschung erfreuen mich, bestätigen sie mir doch, was ich durch meinen mir in die Wiege gelegten Bewegungsdrang immer wieder erlebe: ich bin besserer Laune, ausgeglichener und leistungsfähiger, wenn ich mich ausreichend bewege. Gesellt sich dann zur Bewegung noch der glückliche Umstand guter Gesellschaft, wie ich das auch von Wanderungen im Gebirge kenne, dann ist die Einheit von Körper, Denken und Emotion manchmal beglückend spürbar.


Mein Tag beginnt früh mit meiner sich wöchentlich treffenden Jogginggruppe - ein seit Jahren wundervoll stabiles und doch lebendiges System: wir treffen uns bei jeder Witterung, jeglichen Temperaturen und in jeder Gefühlslage (wer kneift, muss mit saftigen Kommentaren rechnen), um ungefähr eine Stunde lang gemeinsam durch den Wald zu rennen. Unsere Geschwindigkeit misst sich daran, ob wir noch in der Lage sind, pausenlos dabei zu reden, denn das ist vielleicht der geheime Zweck unserer Zusammentreffen: sich alles Mögliche von der Seele zu reden, erbetene und unerbetene Kommentare zu hören und zu geben und dabei einfach weiter zu laufen, "in Bewegung zu bleiben". Ein Jahr lang sprachen wir selbstironisch nur noch vom "therapeutischen Joggen" (obwohl ich die einzige Therapeutin in diesem Kreis bin und mich mächtig zurück halte), denn es gab eine Ehescheidung im Vor- und Nachfeld zu begleiten. Aber auch ohne derlei dramatische Ereignisse bin ich davon überzeugt, dass diese Gruppe für jeden von uns ein Feld bereit stellt, in dem sich so manches ohne professionelle Therapie "im Laufschritt" löst.


Der Vormittag und der Nachmittag sind dann intensiver Praxis-Arbeit gewidmet, so dass ich jetzt am Abend rechtschaffen müde bin und mich für heute verabschiede!