Ayurvedische Schulpsychologie?

Zum Abschluss meiner Kehrwoche möchte ich über mein Lieblingswort sprechen: das Wort Schulmedizin. Es handelt sich dabei um eine Erfindung der Protagonisten einer Bewegung, die Homöopathie heißt (ich halte es für keine Behandlungsmethode).


Die homöopathische Bewegung musste feststellen, dass sie die Wissenschaft (in diesem Falle die Medizin) rasch der Scharlatanerie überführt. Ein probates Mittel dagegen ist, die Kompetenz des Wissenschaftlers in Frage zu stellen. Dabei geht es nicht um konkrete Inhalte, denn jede Diskussion über Wirkzusammenhänge, über doppelblinde Studien und über klinische Tests würde in der Tat schnell das Ende der homöopathischen Argumentation bedeuten.


Statt dessen beginnt die Destruktion der Wissenschaft (ganz wie beim Kreationismus, den ich vor einigen Tagen zum Thema hatte) mit den Begriffen. Und dabei ist der Begriff der „Schulmedizin“ der weitaus grüßte Wurf der homöopathischen Gemeinde.


Wenn jemand Schulenglisch spricht, heißt dass, dass er schlecht, realitätsfremd und nicht praxiserprobt die englische Sprache spricht. Ein Schulgarten ist zwar ein Garten, aber eben für Lehrzwecke und irgendwie „kein richtiger Garten“. Schulsport ist kein richtiger Sport.


Und Schulmedizin? Das Wort „Schul-“ deutet an, dass es eine noch unfassendere Medizin gäbe, die aber nicht erfasst wird. Letztlich sind die Mediziner dann kleine Schulkinder, deren Arbeit man nicht wirklich ernst nehmen kann. Sie lernen noch.


Die homöopathische Bewegung tritt also nicht den Beweis der Wirksamkeit ihrer Methode an (Krankheitsbild eng umreißen, Zusammenhänge im Stoffwechsel erforschen, Stichproben zusammenstellen, Medikamente oder Behandlungsmethode bei tausenden von Patienten überprüfen, um zu einer statistisch gesicherten Aussage kommen zu können). Sie behauptet einfach, dass das „nicht alles“ sei, das man die Wirksamkeit der homöopathischen Methode nicht empirisch erfassen könne. Und dabei betont sie das Individuelle – sowohl der Krankheit/des Menschen als auch der Behandlung.


Neulich habe ich bei einer Reise in die USA große Regale mit individuellen homöopathischen Medikamenten gesehen: Direkt an der Kasse, direkt neben Aspirin und Paracetamol.


So, wie wir den Kreationismus neben dem Darwinismus haben, so haben wir die Homöopathie neben der Medizin. Wir müssen uns wohl an diese postmoderne Beliebigkeit gewöhnen. Aber was bedeutet das für die Systemtheorie und den Konstruktivisten?


Noch ist nicht von Schulpsychologie die Rede, aber die esoterische Gegenbewegung gibt es bereits: Achten Sie auf Leute, die ayurvedisches Speisesalz verwenden und wissenschaftliche Methoden durch „Intuition“ ersetzen. Demnächst steht der Systemiker im Regal neben schamanischer Teufelsaustreibung. Wir sollten vorbereitet sein.