Auf Tote pissen (=urinieren)

Wieder ein Skandalvideo aus einem Krieg: Vier US-Marines pinkeln auf drei tote afghanische Taliban.


Wahrscheinlich ist dies nur deshalb ein Skandal, weil es ein Video gibt. Denn in Kriegen und/oder anderen Konflikten, die mit Gewalt entschieden werden, ist ein wichtiger - wenn nicht der (!) wichtigste - Aspekt die Demütigung des Gegners. Es geht um Unterwerfung, die Herstellung einer "objektiven" Oben-unten-Beziehung. Jemanden mit Füssen zu treten, ist ein Zeichen der Verachtung. Auf ihn zu pinkeln, noch mehr (man pinkelt nicht nach oben). Auf manchen Südsee-Inseln war es, bis die christilichen Missionare einschritten, üblich, den besiegten Feind aufzuessen. Dies nicht, weil er so gut schmeckte oder so der Eiweisshaushalt aufgebessert werden konnte, sondern als ultimatives Zeichen der Verachtung. (Nebenbei: Eine Warnung an alle, die jemanden aus "Liebe" verschlingen wollen, es könnte gut ein Zeichen der Verachtung sein bzw. so interpretiert werden.)


Also, warum die ganze Aufregung? Angeregt hat mich zu der Frage (die ich selbstverständlich nicht beantworte), die Mail eines Blog-Lesers - gewissermaßen ein antizipatorischer Kommentar zu dem, was ich gerade geschrieben habe:


"Heute bin ich damit beschäftigt zu verstehen, warum "auf einen Toten zu pinkeln" politisch unkorrekter ist als "auf einen Lebenden zu schiessen".


Auf einen Toten zu bluten schein OK zu sein (wenn man auf der gleichen Seite steht) - aber auf ihn zu menstruieren ..? Sollten deshalb Frauen nicht zum Militär gehen ?


Die Welt scheint sich immer mehr zu komplizieren, je älter ich werde..." (Ende des Zitats)


Nein, sie wird, glaube ich, nicht komplizierter: die Welt. Aber die Kommunikation wird allumfassender, so dass wir mehr mitbekommen von dem, was es alles so gibt - und auch früher schon gab. Ich bin sicher, dass seit Anbeginn der Menschheit auf Tote gepinkelt wurde (Kain hat wahrscheinlich auf Abel "uriniert", wie es vornehm sachlich in den Nachrichten heißt).