Anwesenheitskontrolle

An der Humboldtuniversität in Berlin sind die Anwesenheitskontrollen für dieses Semester abgeschafft worden. Sie waren mit den neuen BA- und MA-Studiengängen eingeführt worden.


Mir scheint solch eine Form der Kontrolle ein Ausdruck für die Blödheit von Organisationen (ich oute mich hier - befürchte ich - immer mehr als einer der meckernden Alten aus der Muppet-Show) bzw. von deren Leitern. Der gestern zitierte Rundfunktintendant bzw. sein Vorschlag gehört ja auch in diese Kiste.


Ich frage mich wirklich, welche Schwachköpfe an der HU derartige Regeln verabschiedet hatten. Was für einen Typus von Studenten bzw. was für eine Art von Lehrveranstaltung hat man denn vor Augen, wenn Anwesenheitskontrollen als notwendig erachtet werden. Jeder Mensch, der bei Sinnen ist, weiss, dass solche Kontrollstrategien nicht funktionieren, sondern nur die Kreativität derer fördern, die kontrolliert werden sollen - allerdings nicht in einem produktiven Bereich, sondern nur bei der Frage, wie die Kontrollen umgangen werden können.


Während meines Medizinstudiums hatten wir auch solche Anwesenheitslisten. Allerdings hatten sie keine negativen Auswirkungen, denn erstens war ich oft nicht da, ohne dass dies auffiel (irgendwer hat immer alle Bekannten, die weiter schliefen, eingetragen und wir haben uns gegenseitig vertreten), und zweitens waren da auch Leute wie Micky Maus und Donald Duck als regelmäßige Besucher der Vorlesungen ausgewiesen (und sie bekamen auch ihre Scheine).


Dass man Prüfungen abhält, halte ich ja durchaus für plausibel, wenn man z.B. verhindern will, dass jede Micky Maus eine Arztpraxis aufmacht. Aber Anwesenheit zu kontrollieren ist frei von aller inhaltlicher Zweckmäßigkeit. Wenn jemand seinen Stoff anderweitig lernt, dann macht es doch keinen Sinn, solch einen Menschen in eine Lehrveranstaltung zu pressen und ihm die Zeit zu stehlen - es sei denn er würde dort etwas lernen, was er nur dort erfahren (!) könnte. Aber dann würde er auch aus eigenen Stücken kommen, schon um die entsprechenden Erfahrungen zu machen oder seine Prüfungen zu bestehen...


Worum geht es also?


Es sind immer die Kollegen, die ausgesprochen schlechte und langweilige Veranstaltungen machen, die großen Wert darauf legen, dass ihre Seminare oder Übungen zur Pflicht erklärt werden. Ich selbst habe Pflichtveranstaltungen nicht nur als Student, sondern auch als Dozent, immer gehasst (und tue das immer noch), weil bei ihnen die Wahrscheinlichkeit groß ist, dass lauter unmotivierte Studenten im Raum rumsitzen oder -dösen und sich geistig wegbeamen an die Orte, wo sie jetzt eigentlich lieber wären. Bin doch kein Masochist.


Meine Schlussfolgerung: Studiengänge, die auf Anwesenheitskontrolle setzen, gehen davon aus, dass sie langweilig sind und sich keiner für sie interessieren würde, wenn er oder sie nicht müsste.