Allein unter Frauen

Was ist eigentlich los mit dieser Hildegard von Bingen?


Ich war in einem Film von Margarethe von Trotha, die ich wegen ihrer früheren RAF-Filme schätz(t)e. Eigentlich wollte ich in einen ganz anderen Film gehen, aber die Peng-bum-bum-Hollywood-Filme, die ich gerne sehe, gab es gerade nicht bei mir in der Nähe. Und "Inglorious Basterds", den ich auch gern gesehen hätte, lief zu nachtschlafender Zeit, d.h. nach 20 Uhr, wo man eng zwischen lauter hustenden Menschen sitzen muss, während man um 18 Uhr nur 5 Euro 50 Eintritt zahlen muss und meist den Platz neben sich frei hat.


Blieb also nur der Hildegard-Film. Meine ständige Begleiterin war dagegen, in diesen Film zu gehen. Schon weil Barbara Sukowa mitspielte ("Die sieht immer so aus, als ob sie ihre Tage hätte..."). Schließlich hat sie sich von mir, dem günstigen Preis, und der Tatsache, dass es keinen Film gab, der sie wirklich interessierte, überzeugen lassen.


Das Kino war mit knapp 200 Menschen besetzt. Etwa 190 Frauen und 10 Männer. Der spontane Kommentar meiner ständigen Begleiterin: "Die sehen alle aus wie Hildegard von Bingen, irgendwie zwischen katholisch und schwul!" Und wirklich, die meisten Frauen sahen aus wie entschlossene, lustfeindliche, politisch korrekte, amerikanische Sozialarbeiterinnen, acht der zehn Männer kamen als Pärchen, ein Mann war nach Einschätzunug meiner ständigen Begleiterin offensichtlich "ein Klavierlehrer, der bei seiner Schwester wohnt", und ich war der zehnte Mann (über den sich meine ständige Begleiterin bei dieser Gelegenheit mal nicht äußerte).


Der Film zeigte viele schöne Landschaftsaufnahmen, war ansonsten aber ziemlich langweilig. Es wurde viel gesungen. Hildegard war offensichtlich eine "hysterische Lesbe" (lt. meiner ständigen Begleiterin), die sich durch Ohnmachtsanfälle und Sterbedrohungen durchsetzte (ich hätte mich ja nicht getraut, solche Formulierungen zu verwenden). Und auch die anderen Nonnen in ihrer Bigotterie waren nicht sehr attraktiv (" man konnte spüren, dass sie Mundgeruch hatten").


Am Schluss, nachdem sie sich zum wiederholten Mal vom Sterbebett erhoben hatte, beschloss Hildegard, durch die Lande zu ziehen und zu predigen. Da wußte ich wieder, an wen sie mich die ganze Zeit erinnert hatte: an Rosa Luxemburg.