Abtreibung mit 16?

Heute Morgen finde ich einen Zettel in meinem Fach. Ich solle bitte das Lokalfernsehen anrufen. Sie wollen heute Nachmittag ein Interview aufnehmen zum Thema: „Wo liegen die Gründe, dass immer mehr 16 jährige abtreiben?“. Ich überlege mir, wann ich selbst das letzte Mal eine solche Jugendliche erlebt habe? Mir kommt keine in den Sinn. Ich habe aber immer wieder Mütter in der Beratung und Psychotherapie, die ihr erstes Kind schon früh, also mit 17 oder 18 Jahren, hatten. Sie haben alle anstrengende, schwierige Zeiten hinter sich. Die meisten haben ihren Weg gefunden. Um **abzutreiben**, muss man zuerst **schwanger** werden. Um schwanger zu werden, muss **Geschlechtsverkehr** statt gefunden haben. Es haben sicher mehr Jugendliche im Alter zwischen 14 und 18 Jahren Geschlechtsverkehr als früher. Viele warten auch damit bewusst, bis sie sich reif genug fühlen. Ist es schlecht für die Entwicklung, so früh Geschlechtsverkehr zu haben? Ich bin der Meinung, dass es auf die beteiligten Personen und die Situation ankommt. Im Jugendalter müssen viele Entwicklungsaufgaben gelöst werden: den Übergang meistern vom Kind zum Erwachsenen, grosse schulische Leistungen erbringen, eine Berufswahl treffen, sich vom Elternhaus ablösen, selbstständiger werden, zu einer eigenen Identität, auch Geschlechtsidentität und zu einem Selbstbild finden. Diese Aufgaben brauchen viel Energie und Kraft. So kann es zu viel sein, sich auch noch auf ein Sexualleben einzulassen, dieses auch befriedigend mit zu gestalten.


Wenn eine Jugendliche schwanger wird, hat sie sich nicht geschützt. War sie nicht genug informiert? Konnte sie sich beim Partner bezüglich Verhütung nicht durchsetzen? In vielen Fällen nimmt eine junge Frau auch zum Teil unbewusst in Kauf, schwanger zu werden, wie mir ein Kollege berichtet hat. Er wisse von einer 17 jährigen Frau aus einem rigiden Elternhaus, die sich durch die Schwangerschaft und dann Abtreibung gegen die rigiden Vorstellungen ihrer Umgebung abzugrenzen versuchte. Eine andere 19 jährige Jugendliche hat abgetrieben, weil sie sich nicht vorstellen konnte, ein Kind auf die Welt zu stellen und weil sie spürte, dass sie noch nicht erwachsen war. Das Kind hätte auch keinen Vater gehabt, da sie bei einem „One Night Stand“ schwanger wurde. Sie wollte auch ihre Mutter, die ebenfalls allein erziehend war, nicht noch mehr belasten und konnte ein Kind natürlich auch nicht finanzieren. Viele Gründe, die für eine Abtreibung sprachen... Unterdessen geht es der jungen Frau gut, sie hat die Abtreibung verarbeiten können.


In Basel gibt es viele Informationen über die „Pille danach“, die offenbar auch genutzt wird. Mir geht auch durch den Kopf, dass die steigende Anzahl Abtreibungen mit der Legalisierung der Abtreibung zu tun haben könnte. Vielleicht ist jetzt erst eine genauere Erfassung möglich.


Ich rufe beim Lokalfernsehen an. Meine Gesprächspartnerin orientiert mich darüber, dass sie beim Frauenspital Basel erfahren habe, dass die Abtreibungsrate für 16 jährige in unserem Kanton gegen Null gehe. Darum falle dieser Beitrag aus. Aha.